Im Winter 2020/2021 reifte der Entschluss, die holländischen Gewässer einmal in Richtung Ostsee zu verlassen und den östlichsten Punkt Dänemarks anzusteuern, Bornholm mit den vorgelagerten Erbsen- Inseln. Zeit war nach dem Austritt aus dem beruflichen Arbeitsleben nun endlich auch ausreichend vorhanden, um stressfrei und ohne Termindruck den Törn durchführen und nur Wind und Wolken folgen zu können.
Neben den notwendigen Vorbereitungsarbeiten am Schiff im Winterlager in Warns/Friesland, dem holländischen Heimathafen unserer SUMMER, die sich aufgrund der niederländischen Corona- Einschränkungen als schwierig und zeitauf- wendig gestalteten, galt es, Mitsegler zu finden, die ebenfalls Spaß und Zeit für solch einen Törn auf unserer Dehler 36 CWS aufbringen konnten. Zur Vereinfachung wurde der Törn in 3 Etappen unterteilt,
Warns/NL – Bornholm,
Bornholm – Kappeln,
Kappeln – Warns/NL.
Mit Peter, Harald, Franziska und mir als Skipper sowie der tatkräftigen Unterstützung von Waltraud beim Proviantieren war die Crew vollständig und hoch motiviert, das Abenteuer zu starten. Corona-bedingt musste der Start von Mitte Mai auf Anfang Juni verlegt werden, so dass gleich am ersten Tag noch an dem offiziellen DUYC-Fahrtensegler- Treffen in Workum am 3. Juni teilgenommen werden konnte. Bei schönen Wetter und kalten Getränken wurde auf dem Steg vor der Schleuse nicht nur geschnackt, sondern auch die Segelyacht von Mo getauft.
Ein schöner Törnbeginn für Harald, Peter und mich, die wir die erste Etappe segeln. Am nächsten Tag geht es dann zur Schleuse Kornwerderzand und weiter im Fahrwasser nach Harlingen und durch das Blauwe Slenk seewärts mit Kurs Vlieland. Bei 2-3 Bft genießt die Crew das entspannte Segeln und den weiten Blick über das Watt und die vorbeiziehenden Schiffe. Besonders achtgeben muss man auf die schnellfahrenden Katamaran-Fähren, die Harlingen mit Terschelling verbinden. Auf Höhe der Tonne BS6 überrascht uns gegen 18:00 dichter Seenebel, der auch bis zu unserem Einlaufen in den Hafen Ost-Vlieland die Sicht und Navigation stark beeinträchtigt, da die Sichtweite zeit-
weise nur ca. 20 m beträgt. Aus dem „Nichts“ taucht plötzlich ein Pilot-Boot auf, das uns vor einem nachfolgenden großen Frachter warnt, der ebenfalls seewärts unterwegs ist, und bittet uns, nur am Fahrwasserrand aufzu-kreuzen und die Fahrwassermitte freizuhalten. Gut, dass wir im Winter ein aktives AIS eingebaut hatten, was
uns schon in diesem ersten Fall ein großes Sicherheitsgefühl gibt.
Vorsichtshalber meldet uns Harald noch bei der ‘Verkeerscentrale Brandaris‘ an, die uns später auch noch vor einer anderen Segelyacht warnt, die uns im dichten Nebel nahebei passiert, aber nicht über ein AIS-Signal verfügt. Bei Einfahrt in den Vliesloot lernen wir die Grenzen unserer elektronischen Seekarte kennen, als auf dem Plotter plötzlich die Vorausschau-Linie unseres Kurses, d.h. die Richtung, in die unser Bug zeigt, ständig um mehr als +/- 90° hin- und herpendelt, ohne dass wir den Kurs geändert haben. So ist das Steuern im Fahrwasser zwischen den Backbord- und Steuerbord-Tonnen, die im dichten Seenebel erst auf den letzten Metern schemenhaft zu erkennen sind, äußerst schwierig und erlaubt aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse bei dem starkem gegenläufigen Tidenstrom nur eine minimale Fahrt über Grund. Diese geringe Geschwindigkeit ist sehr wahrscheinlich auch der Grund für die stark schwankende Vorausschau-Linie, da dadurch die GPS- Signale wohl nicht für eine exakte Berechnung der richtigen Kurslinie ausreichen. So müssen der magnetische Kompass und das Echolot uns zur Hafeneinfahrt leiten.
Endlich doch gut auf Vlieland angekommen, genießt die Crew erst einmal den obligatorischen Anlege-Sherry. Die Logge zeigt nun seit Warns 42,5 nm.
Um die Schönheit, Ruhe und Abgeschiedenheit von Vlieland genießen zu können, planen wir einen Hafentag ein, der trotz des trüben Wetters mit Rundgang und Besichtigungen ausgefüllt wird.
Die Windvorhersage für den folgenden Tag mit NNW 4 raubt uns am Sonntagmorgen das gemütliche Ausschlafen und so legen wir gegen 05:25 ab. Westlich Tonne ZS2A können wir endlich Segel setzen und rauschen bei halben Wind, der später noch auf Nord dreht, und quer laufender Welle mit einer Höhe von ca. 1,5m, selten bis 2 m, ostwärts vorbei an Terschelling,
Ameland und Schiermonnikoog zur Ansteue-rungstonne Westerems, die wir gegen 16:00 passieren. Dem Fahrwasser folgend erreichen wir die bekannte Fischerbalje vor Borkum gegen 18:20, wo wir die Segel bergen, um nach 77nm in den Burkanahafen einzulaufen. Schöne Liegeplätze sehen anders aus.
Auch hier wollen wir die Insel erkunden und nutzen am nächsten Tag die Inselbahn, um nach „Borkum-Stadt“ zu fahren.
Eine Busrundfahrt lässt uns innerhalb von 2 Stunden alle Highlights der Insel entdecken. Am Nachmittag genießen wir Kaffee und Kuchen an der Promenade mit Blick auf den vorgelagerten Strand. Ein Stück weiter am Strand ruhen sich die Seehunde in der Sonne aus. Wie schön ist das Seglerleben! Aber unser Ziel liegt weiter ostwärts.
Norderney, die sagenumwobene Milchbar und das Flair der Insel ziehen auch uns an und so legen wir am Dienstag (8.6.) tidenabhängig gegen 10:00 in Borkum ab, segeln bei leichtem Nordwind ostwärts und laufen gegen 18:30 in den Sportboothafen ein, wo wir erstmalig unseren Corona-Impfpass bzw. –Test vorzeigen müssen. Nach dieser Formalität und besagtem Anlege-Sherry geht es per Taxi in die City zum Essen. Die Skyline mit den Hochhäusern an der Promenade gefällt uns weniger und so wird der ange-dachte Inseltag gestrichen und der Schlag nach Helgoland am nächsten Tag gestartet.
Mit der Hochwasser-Tide legen wir gegen 12:00 ab und lassen uns vom Tidenstrom seewärts ziehen, da kaum Wind die Segel füllt. Letztlich schläft dieser völlig ein und der Motor muss uns helfen, die einzige deutsche Hochseeinsel zu erreichen. Der Schiffsverkehr nimmt im Bereich der Jade-Weser-Mündung deutlich zu.
Vor uns quert eines der größten Containerschiffe unseren Kurs
und wir werden Zeuge der besonderen Art von Luftverschmutzung durch die Großschifffahrt, als dieser Frachter nach Erreichen des Verkehrs-trennungsgebietes Gas gibt.
Schwarze Rauchfahnen steigen auf und erstrecken sich noch meilenweit über die See. Gegen 21:00 errei- chen wir bei spiegelglatter Nordsee den Südhafen von Helgoland und wollen an der Ostkaje als drittes Boot im Päckchen anlegen, wie es hier üblich ist, aber leider nicht von allen Schiffsführern gewünscht wird. So gelingt es uns erst im zweiten Anlauf am nächsten Päckchen anzulegen. Nun zeigt die Logge bereits 222 nm.
Enttäuschend ist der Zustand der Hafenanlage. Es scheint, dass Segler nicht besonders erwünscht sind. Es gibt zwar neuere Sanitäran-lagen in einem Privathaus in der Nähe, die aber nur zwischen 08:00 und 16:00 geöffnet sind und das Passieren des Drehkreuzes jeweils mit 1 € erkauft werden muss. Weitere Anlagen sind weit entfernt, werden aber aufgrund ihres Zustandes von anderen Seglern nicht empfohlen.
Der Hafenmeister verweist auf das entfernte Schwimmbad für 5,50 €. Entschädigt werden wir durch den Inselrundgang am nächsten Morgen im strahlenden Sonnenschein, bei dem wir uns den bekannten Seevögeln, die auf den Nordwest-Felsen gegen über der Langen Anna ihr Zuhause haben, bis auf einen Meter nähern können. Toll ist es, ihnen beim Start von den Klippen, dem eleganten Gleiten im Aufwind vor den Felsen und der tölpelhaften Landung zuzusehen.
Natürlich steht auch das Bunkern von alkoholischen Getränken, da zollfrei, und auch von argentini-schem Rindfleisch, extrem kostengünstig, auf dem Plan.
Nach einem Absacker (oder waren es doch mehrere) in der einzigen geöffneten Kneipe in der Unterstadt, wo wir nur an der Theke sitzend die Corona-Schutz-masken absetzen dürfen, geht es zügig in die Koje, damit wir am Freitagmorgen schon gegen 05:25 ablegen können, um mit dem auflaufenden Wasser der Tide in die Elbe bis Brunsbüttel zu segeln.
Bei SW 3 erreichen wir, durch den Strom gescho-ben, eine Fahrt über Grund von bis zu 10 kn.
Gegen 14:30 können wir direkt in die Alte Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals einlaufen, da diese nach unserer vorherigen UKW-Anmeldung noch extra für uns offen gehalten wird. Direkt hinter der Schleuse am nördlichen Ufer liegt der Yachthafen von Brunsbüttel, in dem wir fest- machen. Uns beeindruckt der Schiffsverkehr bei Tag und Nacht in und aus der großen NOK-Schleuse direkt neben dem Steg des Yachthafens. Die Größe der seegängigen Pötte können wir dann am nächsten Tag erkennen, während wir den NOK entlang tuckern. Immer wieder begegnen oder passieren uns große Frachter. Dann gilt es dicht am Stb-Ufer zu fahren. Da wir Westwind mit 5 Bft haben, können wir zeitweise die Fock zur Unterstützung setzen.
Das Fahren auf dem NOK ist bei weitem nicht so schön wie auf den friesischen Kanälen, da die Ufer hier größtenteils deutlich höher oder be-waldet sind, so dass der Blick nur über den Bug oder das Heck frei ist. Nach 9,5 Std und 100 km erreichen wir endlich die Schleuse in Kiel. Kurz zuvor reiben wir uns noch die Augen, als uns ein U-Boot der Marine entgegenkommt.
Da die Sportbootschleuse in Kiel schon seit Jahren außer Betrieb ist, müssen wir zusammen mit den dicken Pötten in die große Schleusen-kammer. Sobald die Berufsschiffe fest sind und ihre Schiffsschraube wegen der Sportboote still gesetzt haben, fah- ren wir zusammen mit den anderen wartenden Yachten ein. Die seitlichen Schwimmstege sind eine echte Herausforderung beim Anlegen, besonders unter den vorherr-schenden Bedingungen mit steifem, achterlichem Wind,
da tief auf dem Wasser schwim- mend und besonders rutschig. Peter meistert die Aufgabe und fädelt die Leinen durch die Befestigungsringe auf dem Holzpon- ton, ohne ins Schleusenbecken zu schliddern.
Bei strahlendem Segelwetter mit NW 4-5 verlassen wir Kiel am nächsten Tag und durchpflügen mit voller Rumpfgeschwindigkeit endlich das Ostseewasser. Auf UKW-Kanal 16 hören wir immer wieder, dass Yachten aufgefordert werden, dass Schießgebiet Hohwachter Bucht zu verlassen, da dort Schieß-übungen stattfinden. Auch wir müssen es nördlich umfahren, was unseren Kurs nach Lemkenhafen auf Fehmarn verlängert. Aber wir schaffen es noch, dort rechtzeitig anzulegen, um dem Geheimtipp von Harald zu folgen und uns in der Aalkate mit diversen Räucherfischspezialitäten zu versorgen.
Mit kühlem Weißwein genießen wir die Köstlichkeiten im Cockpit bei wunderschöner Abendsonne. Herrlich! Der Hafen des Segler Verein Lemkenhafen Fehmarn e.V. ist schon allein eine Reise wert. Die Sanitär- und Außen-anlagen sind außerordentlich gepflegt. Die Grillplätze stehen auch den Gästen zur Verfügung und am Abend treffen sich dort die anwesenden Hafenlieger zum Klönschnack.
Auch für Liebhaber klassischer Segelyachten gibt es im Hafen einiges zu sehen, super gepflegte Rümpfe und Decks der Holzboote glänzen nur so in der Sonne (siehe: http://www.svlf.de/klassiker/). Gut, dass wir mit unserem GFK-Boot nicht direkt daneben liegen.
An unserem 12. Törntag liegt Kurs Warnemünde an. Anfänglich bei SW 3-4 kommen wir unter Segel gut voran, aber leider ist der Wind nicht so beständig wie die seit Tagen ständig scheinende Sonne. Ein Stück der Fahrt unterstützt uns der Yanmar- Diesel und so erreichen wir gegen 19:00 den Hafen des ASV an der Mittelmole. Leider
finden hier in diesem Sommer umfangreiche Sanierungsarbeiten statt, so dass die wenigen Gäste-Liegeplätze bereits belegt sind. Enttäuscht weichen wir in die anonyme und mehr als halbleere, riesige Yachtmarina ‚Hohe Düne‘ aus.
Die umliegenden Gebäude im mediterranen Stil sollen wohl einen besonderen Eindruck vermitteln, dem wir uns aber nicht anschließen können. Unser abendlicher Gang zur Promenade am ‚Alten Strom‘ erfordert das Übersetzen mit der Fähre über die Unterwarnow. Dort angekommen, beschleicht uns das Gefühl, Corona ist doch nur ein Gerücht, Menschenmassen drängen sich dicht an dicht über die Promenade und die Restaurants sind mehr als gefüllt. Als zufällig ein Tisch frei wird, stürzen auch wir uns ins Gewühl. Gut, dass wir schon geimpft sind.
Am nächsten Morgen legen wir bereits um 06:40 ab, da über den Tag abnehmender Wind aus WNW an- gesagt ist und wir die Einfahrt in das Flachwassergebiet der Vorpommersche Boddenlandschaft zwischen der südlichen Landspitze von Hiddensee und der SW-gegenüberliegenden Insel Der Bock noch bei Tages- licht schaffen wollen. Wie so oft in diesen Tagen hält sich der Wind nicht an die Vorhersage und dreht auf SSO. So können wir aber bei dem leichten Wind unseren neuen Code-Zero setzen, der mit 60 m2 über die ca. dreifache Segelfläche unserer Selbstwendefock verfügt. Zeitweise können wir so auf unserem Kurs gen Osten wieder 6 kn laufen und nach ca. 10,5 Std und 50 nm im Hafen von Barhöft festmachen. Während Harald und ich die Abendsonne bei kühlen Getränken im Cockpit genießen, erklimmt Peter den nahe liegenden Aussichtsturm und fängt die wunderschöne Landschaft mit seiner Kamera ein.
Nach dem Trubel am Vortag in Warnemünde genießen wir die Ruhe und Einsamkeit hier im kleinen gemütlichen Hafen. Gut, dass wir ausreichend Proviant an Bord haben, denn ein Auffüllen wäre hier kaum möglich.
Hiddensee steht auf dem Besuchsprogramm und so segeln wir am nächsten Tag die kurze Strecke nach Kloster. Von den 3 möglichen Anlaufhäfen haben wir uns für Kloster entschieden, da der an der Nord- küste stehende Leuchtturm Dornbusch von dort ggfs. auch gut zu Fuß erreicht werden kann. Der überaus freundliche und hilfsbereite Hafenmeister und die angenehme Atmosphäre dieses kleinen Gemeindehafens lassen uns nicht an unserer Entscheidung zweifeln. Für den kommenden Tag reservieren wir uns E-Bikes, um die Insel einschließlich des Leuchtturms zu erkunden.
Unsere Inseltour macht richtig Spaß, viel Natur, keine Autos und auch wenig Touristen, da die Saison noch nicht richtig begonnen hat. Wiederum muss Peter die Leuchtturmspitze als Vertreter der Crew ersteigen und für die langen kommenden Winterabende Erinnerungs- fotos schießen. Derweil genießen Harald und ich am Fuß des Turmes im Schatten den weiten Blick
über die Küste hinaus auf die Ostsee. Einfach nur traumhaft. Per Rad geht es dann – vorbei am Haus des Dichters Gerhart Hauptmann – nach Süden zu den Inseldörfern Vitte und Neuendorf. Mit einem Bad in der eiskalten Ostsee am westlichen Strand wird die Inselrundfahrt beendet und der Sonnenuntergang genossen.
Am 18. Juni verlassen wir sehr früh die deutsche Küste mit Kurs Bornholm, genießen unter Segel den Blick auf Kap Arkona an der Nordostspitze Rügens in der Morgensonne. Nach 72 nm, für die wir ca. 13 Std. be- nötigen, laufen wir in den leeren Hafen von Hasle auf Bornholm ein, nachdem wir zuvor auf See noch die dänische Flagge, den Dannebrog, unter der Stb-Saling gesetzt haben. Im Hafen haben wir fast Mühe, uns für einen der vielen freien Liegeplätze an der Mole zu entscheiden. Dann folgt endlich der obligatorische Anlege-Sherry als Sundowner.
Hier lernen wir auch die gut organisierte Hafenverwaltung auf Bornholm kennen. Am Automaten können wir gleich für mehrere Übernachtungen die Liegegebühren bezahlen, die für alle Häfen auf Bornholm Gültigkeit haben. Das erspart uns in den nächsten Tagen den Gang am jeweiligen Abend zur Zahlstelle oder das Warten auf den Hafenmeister. Vielleicht ein Model für die Digitalisierung der Häfen an der deutschen Küste. Die Logge zeigt nun 555 nm seit Törnbeginn.
Bei strahlend blauem Himmel, Wind und Sonne verlassen wir Hasle, segeln vorbei an der Festungsruine Hammershus, die auf einer 74 m hohen Klippe über dem Meer eindrucksvoll thront, umrunden die felsige Nordspitze Bornholms und laufen hoch am Wind mit Kurs Südost vorbei an Allinge. Von achtern kommt bald eine Segelyacht mit neuen dunklen Foliensegeln auf. Das spornt an, Peter gibt sein Bestes am Ruder und wir schaffen es, dass sie uns auf der restlichen Strecke bis zu unserem Zielhafen Gudhjem nicht mehr überholen kann. Der Skippers dieser Regattayacht , der auf dem Weg zur Gotland-Runt-2021-Regatta ist und auch in Gudhjem für eine Nacht Station macht, kann nicht umhin, uns später beim Steggespräch zu loben.
Die Einfahrt in den kleinen Hafen von Gudhjem erfordert nochmals hohe Konzentration, da diese von Felsen, teilweise auch dicht unter der Wasseroberfläche, gesäumt und „gefühlt“ nur wenig breiter als unser Schiff ist. Auch hier sind nur wenige Boote im Hafen und wir können problemlos anlegen. Da die Sonne den ganzen Tag auf uns nieder brannte und die Lufttempe-ratur bereits sehr sommer- lich ist, wächst der Wunsch nach einer Abkühlung im klaren Ostsee- wasser.
Aber welch ein Schreck beim Eintauchen, die Temperatur muss dem Gefrierpunkt sehr nahe sein, also nur kurz untertauchen und dann schnell raus. Zum Aufwärmen gibt es Sherry oder andere wärmende Alkoholika.
Den folgenden Hafentag nutzen wir zur Besichtigung der Ruine Hammershus. Wir kaufen Bustickets im Supermarkt zum halben Preis, Insider-Tipp, anstatt im Bus direkt beim Einsteigen. Die Busverbindungen sind gut und sehr pünktlich und die Busse verkehren alle halbe Stunde zwischen den Küstenorten. Die Burg Hammershus wurde im 13. Jahrhundert erbaut.
Von den verschiedenen Info-Tafeln lernen wir, dass die Burg u.a. von Lübeckern 1522 zur Zeit der Hanse erobert wurde. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde sie aufgegeben und diente von da an als Baustoffspender für Häuser in den umliegenden Dörfern. Ein Gang durch die weit-läufige Ruine, die zu den größten in Nordeuropa zählt, ist sehr empfehlenswert und es gibt genug Stellen, an denen man sich zurücklehnen kann, um ihre besondere Atmosphäre zu spüren. Auf dem Rückweg erfolgt noch ein kurzer Stopp in Allinge, wo wir umsteigen müssen.
Dass Allinge auch ein schöner und besuchenswerter Ort ist, erkennen wir bei einem kurzen Rundgang durch die kleinen Straßen am Hafen und am Hafen entlang. Vielleicht etwas mehr beim nächsten Törn.
Am Montag, den 21. Juni, legen wir ab und segeln bei kräftigem Wind mit einem Reff im Groß die 10 nm zum nordöstlichsten Punkt unserer Reise, den sogenannten Erbsen-Inseln, Christiansö und Frederiksö. Das GPS zeigt 55° 19,2‘ N, 15° 11,2‘ E und unsere Logge 582 nm nach 20 Tagen seit Warns. Entgegen unseren ursprünglichen Befürchtungen, dass es schwierig werden könnte, noch einen Liegeplatz zu finden, können wir uns auch hier über einen nahezu leeren Hafen freuen. Dieser besteht nur aus der Rinne zwischen den beiden Inseln und wird durch die einzige Fußgängerbrücke in einen nördlichen und südlichen Teil getrennt.
Längsseits an der Kaimauer können wir fest-machen, ebenso wie die drei anderen Yachten im Hafen. Der Rundgang über die beiden Inseln begeistert uns durch die Kargheit der Landschaft und die interessanten und schönen Gebäude sowie den Ausblick vom höchsten Punkt der Insel auf die vorgelager- ten Felsen. Ein schöner Ort zum längeren Verweilen und Entschleunigen, aber bei uns steht der verabredete Teil-Crew-Wechsel in Sassnitz für Donnerstag/Freitag an.
Daher verabschieden wir uns schon am nächsten Morgen vom dem Highlight unseres Törns und wenden den Bug westwärts, bzw. zuerst nach Süden, damit wir auch die Insel Bornholm umrunden. Bei angenehmen NW-Wind mit 3-4 Bft. geht es zügig voran, vorbei an der wohl schönsten Ortschaft
Bornholms, dem Ort Svaneke, sofern die vielen Reiseberichte im Internet zutreffend sind, den wir aber aufgrund unseres Zeitplans nicht mehr anlaufen können.
Da ist er wieder, der Zeitstress, den wir doch glaubten, in Warns beim Ablegen zurückgelassen zu haben. Wir laufen dafür Nexö, einen wenig schönen Industriehafen im Süden der Insel an, der aber ein gutes Sprungbrett für unseren Schlag nach Sassnitz am nächsten Tag ist. Zum Abschluss unseres Dänemark-Besuches wird noch einmal der Cobb-Grill rausgeholt und auf der Kaimauer unter den Augen der hungrigen Möwen mit leckerem Fleisch und Zutaten bestückt. Für die gierigen Vögel bleibt wenig übrig.
Dreißig Minuten nach Sonnenaufgang legen wir in Nexö ab und segeln bei NW-Wind mit Kurs 240° in Richtung Sassnitz auf Rügen. Im Bereich des Schiffs-Verkehrstrennungsgebietes südlich der Untiefe Adlergrund – mittig zwischen Bornholm und Rügen – müssen wir unseren Diesel zu Hilfe nehmen, um den vorfahrts-
berechtigten Frachtern auszuweichen, da der Wind kurzfristig eingeschlafen ist.
Die etwas später einsetzende Brise treibt uns wieder an und so erreichen wir nach 15 Std gegen 20:00 den Hafen von Sassnitz, wo der erste Teil unseres Ostsee-Törns endet. Bis hier haben wir 670 nm zurückgelegt, davon 2/3 unter Segel.
Mit geliehenen E-Bikes erkunden Harald und Peter am nächsten Tag noch den nördlich gelegenen Nationalpark Jasmund, den kleinsten Nationalpark Deutschlands, und genießen die Schönheit der Natur mit den grünen Wäldern, dem blauen Ostseewasser und den Blick auf die schneeweißen Kreidefelsen.
Ein toller Abschluss unserer ersten Etappe bevor Peter uns gemäß unserem Törnplan verlässt und mit dem Auto, mit dem Franziska von Düsseldorf angereist ist, dorthin zurückfährt. Nun kann der zweite Teil unserer Reise beginnen.
-SY SUMMER-